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20.11.2023

Kranzniederlegungen am Volkstrauertag

Anlässlich des Volkstrauertages fand am 19. November 2023 auf dem Soldatenfriedhof an der Rostocker Straße in Wismar, am Mahnmal für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, eine Gedenkfeier statt. Der Bürgermeister der Hansestadt Wismar, Thomas Beyer, der Präsident der Bürgerschaft, Sigfried Rakow, der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg, Tino Schomann, Vertreterinnen und Vertreter der Bundeswehr, des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., der Fraktionen der Bürgerschaft der Hansestadt Wismar, des Vereins zur Förderung der Friedhofskultur in Wismar e.V. sowie Schülerinnen und Schüler der Großen Stadtschule "Geschwister-Scholl-Gymnasium" legten Kränze nieder.

Uwe Scharrer, Leiter der Großen Stadtschule, hielt die Gedenkansprache, ein Vertreter der Bundeswehr sprach die Totenehrung. Die Feier wurde musikalisch vom Posaunenchor Wismar begleitet.

Hier die Rede von Uwe Scharrer:

Meine verehrten Mitbürgerinnen und Mitbürger,
der Volkstrauertag ist in seiner Würde und Bedeutung eine jährliche Zäsur, keine leichte Kost, die im täglichen Einerlei der Gegenwartskultur aufgeht. Das Gedenken an die unvorstellbaren Verluste in zwei Weltkriegen in der Gegenwart zu bewahren, es als Mahnung an die nachwachsenden Generationen weiter zu geben, um die Zukunft in Frieden zu gestalten, bleibt als Aufgabe bestehen.

Und in unseren Zeiten ist das notwendiger denn je. In Europa tobt ein fürchterlicher Krieg in der Ukraine, getrieben von machtpolitischen Erwägungen einer diktatorischen Clique, durch die Tyrannei eines einzelnen Mannes. Was 1945 als Friedensprozess begann und uns zwei Generationen lang den Frieden sicherte, ist in Gefahr. Und diese Gefahr ist ganz real bei uns - hier in Wismar, denn Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden ist umfassend und er betrifft alle Bereiche unseres Zusammenlebens. Wie wir in dieser Stadt miteinander umgehen, wie wir unser Zusammenleben organisieren, welche
Regeln wir akzeptieren und mit rechtsstaatlichen Mitteln durchsetzen, all dies dient immer wieder dem einen Ziel: das friedliche Zusammenleben der Menschen in aller Verschiedenheit und Vielfalt zu organisieren.

Dieses friedliche Zusammenleben wird schon immer durch Lügen und Falschmeldungen in Gefahr gebracht. Diskriminierung, Diskreditierung und Diffamierung anderer Menschen bekommen in sozialen Medien unangemessene Aufmerksamkeit und fallen als Mittel der Selbstdarstellung bei zu vielen auf fruchtbaren Boden. Der politische Diskurs ist beschädigt und leidet unter dieser schändlichen Untugend. Die Lüge bleibt eine Lüge und doch scheint sie dem Menschen inne zu wohnen. Einfache und schlichte Botschaften wollen und sollen uns den Blick verstellen für unsere komplexe Gegenwart. Die Wahrheit wird auf allen Seiten von reaktionären, autoritären, populistischen, demagogischen, halbgebildeten, narzisstischen und achtlosen Stimmen angegriffen. Sie ist eben kompliziert, sie ist zerbrechlich und braucht deshalb unseren Schutz.

Wir brauchen eine bessere Erzählung, als nationalistische Hetze, die immer davon lebt, Menschen in "uns" und "die Anderen" einzuteilen und so die Welt wiederholt an den Abgrund brachte. Versöhnung, Verständigung und gegenseitiger Respekt unter den Völkern, ein nicht enden wollender Dialog in Konfliktsituationen, die hartnäckige, geduldige Suche nach Lösungen müssen Eckpfeiler einer solchen besseren Erzählung sein.

Die Bergpredigt Jesu, der Salzmarsch Ghandis oder die Rede Martin Luther Kings “I have a dream“ sind sichtbare Zeichen dieser Erzählung, ein immaterielles Kulturerbe. Dieses Kulturerbe als Band zwischen den Menschen ist die ritualisierte beziehungsweise materialisierte Essenz einer globalen Friedenserzählung, die per se immer eine bessere Erzählung sein wird. Die Wahrheit wird sich selbst in einer Zeit der Lügen durchsetzen - darauf sollten wir hoffen.

Die Erziehung zur Wahrhaftigkeit gehört als Teil dieser Erzählung unbedingt dazu. Sie umfasst alle Generationen, beginnt in Familie und Schule und endet nie. Sie ist unverrückbarer Teil unseres kulturellen Erbes und Grundlage jeder Form der Verständigung, wie sie im Völkerrecht ihren Ausdruck findet.

Der Volkstrauertag erzählt vom Scheitern des Menschen, von unserem Scheitern. Die Wucht dieses Tages mit den grauenhaften Bildern von Krieg und Zerstörung sollten uns Antrieb sein. Der Tod eines Menschen ist das Ende einer ganzen Welt, immer absolut. Und wenn wir an Millionen Tote denken, darf es uns nicht gleichgültig und sprachlos zurücklassen. Jedes einzelne Opfer gewinnt so eine Bedeutung für die Nachwelt und erhält seine Würde. Dies sage ich bewusst all jenen, die sagen, "es müsse auch mal Schluss sein, nach all den Jahren". Geschichtsvergessenheit müssen wir als freiheitsliebende Demokraten entschieden zurückweisen.

Für uns Deutsche ist dieses heutige Totengedenken die Mahnung, unseren Beitrag für den Frieden zu leisten, die Wahrheit und somit unsere freiheitlichdemokratische Grundordnung zu schützen und menschenwürdige Lebensbedingungen zu ermöglichen und zu verteidigen, wo sie angegriffen werden. Die Wahrheit wird sich durchsetzen. Wir können das unsere dazu
beitragen, jeder an seinem Platz, in Freiheit und in Frieden.

Quelle: Pressestelle der Hansestadt Wismar