Eine gute Nachricht für alle Geschichtsinteressierten: Die druckfrischen "Wismarer Beiträge" sind da - die Nummer 29 der Schriftenreihe des Archivs der Hansestadt Wismar. Stadtarchivar Dr. Nils Jörn hat das etwa 240 Seiten starke Buch am 23. Januar 2024 vorgestellt.
Sieben Autorinnen und sechs Autoren präsentieren 15 Beiträge. Mit dabei ist Dr. Anja Rasche, die auf 24 Seiten über das Hochaltarretabel aus St. Georgen berichtet. Dieses wertvolle, um 1430 geschaffene Kunstwerk befindet sich derzeit in der südlichen Vorhalle der St.-Nikolai-Kirche.
"Es gab und gibt eine lebendige und leidenschaftliche Diskussion über den zukünftigen Standort des Altarretabels. Und es könnte einen Bürgerentscheid geben. Ich liefere Hintergrundwissen, um sich eine fundierte Meinung bilden zu können", sagt die Kunsthistorikerin. Über den Flügelaltar hatte Anja Resche bereits während einer Veranstaltung des Vereins “Freunde und Förderer des Archivs der Hansestadt Wismar“ (Archivverein) berichtet. Nun liegen ihre Erkenntnisse inklusive vieler Fotos in gedruckter Form vor.
Am Ende des Beitrages "Streit um wertvollen Altar" stellt Anja Rasche, wie sie selbst sagt, eine "verrückte Idee" vor: "Was halten Sie von einem neuen oder umgebauten, spektakulären, energieeffizienten Gebäude zur Präsentation der Wismarer Kunstschätze? Ein kultureller Leuchtturm zum 800. Stadtjubiläum 2029, der nachhaltig ist, langfristig Energiekosten spart und einen imposanten Rahmen für die Wismarer Vergangenheit bietet? Die erhaltenen hochrangigen originalen Kunstwerke und die spannende und bedeutsame Geschichte der Stadt hätten das verdient."
Um ein wertvolles mittelalterliches Objekt geht es auch im Beitrag von Anette Löffler. Sie schreibt auf den Seiten 20 bis 29 über die noch weitestgehend unerforschte Handschrift "Liber missarum". Dieses reich verzierte Buch, in welches Stiftungen und Testamentsauszüge von Messen beziehungsweise Vikarien für die diversen Wismarer Pfarrkirchen, Klöster und Spitäler auf Pergament niedergeschrieben wurden, befindet sich im Archiv der Hansestadt Wismar.
Die Blätter 1 bis 27 hatte der Wismarer Stadtschreiber, Notar, Priester und Stifter Heinrich von Balsee im Jahr 1387 angelegt, die Einträge erfolgten in lateinischer Sprache. Ein Schreiber des 16. Jahrhunderts verewigte im zweiten Teil des Codex Testamente, Urkunden und Stiftungen des 14. und 15. Jahrhunderts. Den dritten Teil, geschrieben im Jahr 1602, bildet eine Übersicht über Einkünfte, resultierend aus diversen Testamenten, das älteste von 1445, das jüngste von 1602. "Man sieht die Liebe, mit denen die Leute dieses Werk gestaltet haben", so Stadtarchivar Nils Jörn.
Nach einem Praktikum im Stadtarchiv veröffentlicht Daniel Nieswand in den neuen "Wismarer Beiträgen" auf den Seiten 54 bis 87 einen Aufsatz über die Arbeit und Funktion der Wismarer Stadtkämmerei am Beispiel der Rechnungen und Hauptrechnungsbücher. Für einen Zeitraum von 323 Jahren, also zwischen 1608 und 1931, sind knapp 200 Kämmereirechnungsbücher vorhanden, mit denen zu den unterschiedlichsten Aspekten der Wismarer Stadtgeschichte geforscht werden kann.
Weitere Artikel in den neuen "Wismarer Beiträgen" befassen sich zum Beispiel mit der Glashoffschen Altstadtkarte von 1833, mit archäologischen Untersuchungen in der Mecklenburger Straße, mit Uhrmachern im 19. und 20. Jahrhundert, mit dem Bestand des "VEB Alubau" im Stadtarchiv und mit der Krise der Ingenieur-Akademie Wismar in den Jahren 1920 bis 1922. Dr. Nils Jörn berichtet über Probleme eines Wismarer Schauspielers im Jahr 1877. Wer wissen möchte, wie Gebäude und Straßenzüge in der Hansestadt Wismar einst ausgesehen hatten, sollte sich die mehr als 100 Jahre alten Sammelbilder der Familie Gratmann anschauen. Die Schokoladen-Serie Wismar zeigt das Wassertor, den Markt, den Fürstenhof, die St.-Georgen-Kirche, die St.-Marien-Kirche und den Hafen.
Die neuen "Wismarer Beiträge", die eigentlich bereits Ende vergangenen Jahres erscheinen sollten, es gab jedoch Probleme in der Druckerei, kosten 20 Euro. Die Broschüre ist in Buchhandlungen und im Stadtarchiv, Eingang Gerberstraße, erhältlich. 600 Exemplare wurden gedruckt. Das Titelbild zeigt die ehemalige Jugendarrestanstalt am St.-Marien-Kirchhof. Sie wurde zum Knast-Hotel umgebaut. "Das Kittchen" soll Mitte Mai 2024 öffnen.
Übrigens: In diesem Jahr dürfen sich die Freundinnen und Freunde der Wismarer Geschichte auch noch auf die Ausgabe 30 der "Wismarer Beiträge" freuen. "Das Heft soll um den Reformationstag erscheinen und dem Jubiläum entsprechend umfangreicher sein", so Nils Jörn. "Wir haben sehr viel Material zur Auswahl. Fünf Beiträge liegen schon vor, für zehn weitere gibt es Zusagen." Nummer 1 der "Wismarer Beiträge" war im Jahr 1984 erschienen.
Hier eine Übersicht über den Inhalt der "Wismarer Beiträge" Nummer 29: